Schuldner- und Insolvenzberatung des Caritasverbandes Ahaus-Vreden: Wartezeiten steigen stark an:Bis zu zehn neue Mandanten pro Tag
Sie benötigen entweder dringende Beratung oder Bescheinigungen für Pfändungsschutzkonten, um wieder über ihre finanziellen Mittel verfügen zu können. Doch die steigende Zahl an Beratungsfällen bringt die Beratungsstelle an ihre Kapazitätsgrenzen – mit ernsten Folgen für die Betroffenen.
„Die Nachfrage hat sich in den letzten drei Jahren fast verdoppelt“, berichtet Andreas Dawo, Leiter der Schuldner- und Insolvenzberatung. Doch die personellen Kapazitäten können dieser Entwicklung nicht gerecht werden. Dies liegt vor allem daran, dass die Finanzierung nicht ausreicht, um das Team der Beraterinnen und Berater aufzustocken. Fördermittel von Land NRW, Kreis Borken und dem Bistum Münster sind in den vergangenen Jahren konstant geblieben, obwohl der Beratungsbedarf massiv gestiegen ist.
Betroffene, die aufgrund von Lohn- oder Kontopfändungen oder gar anstehenden Gerichtsvollzieherterminen dringend Hilfe benötigen, haben oft wenig Verständnis für die langen Wartezeiten. Für eine Erstberatung liegen die Wartezeiten wegen der hohen Nachfrage aktuell bereits bei zehn Wochen. „Das sorgt für einen enorm hohen Druck bei den Betroffenen, weil eben noch keine Schuldnerberatungsstelle mit den Gläubigern Kontakt aufnimmt und über Lösungen verhandeln kann. Das führt dann auch zu einer gewissen Verärgerung und Mehrarbeit bei den Arbeitgebern und den Banken.“ Andreas Dawo rät, sich möglichst frühzeitig bei der Schuldner- und Insolvenzberatung zu melden. „Wir schicken dann die Anmeldeunterlagen entweder digital oder per Post zu, so dass schon alle Unterlagen zum Erstgespräch zusammengestellt werden können.“
Abbau gut bezahlter Stellen im Kreis Borken
Der Bedarf an Schuldnerberatung ist vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage verständlich. Gestiegene Zinsen, die schwächelnde Konjunktur, hohe Arbeitslosenzahlen und der Abbau gut bezahlter Stellen bei mehreren größeren Firmen im Kreis Borken tragen zur wachsenden Verschuldung bei. Viele Haushalte stehen unter enormem finanziellen Druck, was die Nachfrage nach professioneller Hilfe zusätzlich verstärkt.
Eine Hoffnung auf Entlastung für die Beratungsstellen könnte die EU-Regelung bieten, die 2023 beschlossen wurde. Sie sieht vor, dass Bürger mit Schulden von bis zu 100.000 Euro ein Recht auf kostenlose Schuldnerberatung haben. Die nationale Umsetzung dieser Regelung in Deutschland steht jedoch noch aus und wird voraussichtlich erst 2025 erfolgen. Andreas Dawo hofft, dass damit Entfristungen von Stellen möglich sind und eine Gläubigermitfinanzierung der Beratungsstellen stattfindet. Durch eine auskömmliche fachliche Beratung könnten Wartezeiten wegfallen. „Denn ohne vernünftige Beratungsstruktur nützt den Betroffenen das Ziel einer Vermeidung von Überschuldung nichts.“
Um die Finanzierung und die Personalressourcen der Schuldnerberatung nachhaltig zu sichern, wäre laut Andreas Dawo die schnelle Umsetzung der EU-Verbraucherkreditlinie in nationales Recht notwendig. „Damit verbunden wäre die volle Übernahme der Kosten der Beratungsstellen beispielsweise nach einem einheitlichen Einwohnerschlüssel. Also zum Beispiel, dass pro 25.000 volljährige Einwohner jeweils eine Beraterstelle komplett finanziert wird.“
Langfristige Lösungen
Die Caritas Ahaus unterstützt überschuldete Bürger in der Regel über einen Zeitraum von sechs bis 18 Monaten. Ziel ist es, dauerhafte und nachhaltige Lösungen zu finden – sei es durch Vergleiche mit Gläubigern oder durch die Einleitung eines Insolvenzverfahrens. Bereits früh in der Beratung spüren die Betroffenen eine große Erleichterung, da sie nun fachkundige Unterstützung erhalten. Die Beratung legt dabei großen Wert auf langfristige Lösungen, statt auf kurzfristige „Aussitz-Strategien“ oder Kleinstzahlungen. „Es ist wichtig, dass überschuldete Bürger professionelle Unterstützung suchen, um ihre finanzielle Situation zu stabilisieren.“
Eine entscheidende Frage ist dabei, welche Präventionsmaßnahmen helfen könnten, die Zahl der überschuldeten Haushalte langfristig zu senken und welche Rolle dabei Schulen, Arbeitgeber oder andere Institutionen spielen könnten. „Alle bisherigen Versuche, eine Förderung für Prävention zu erhalten, sind bisher abschlägig beschieden worden“, berichtet Andreas Dawo. Dabei wäre es äußerst wichtig, eine geförderte Fachkraft für Prävention zu gewinnen. Diese Person könnte einen Teil ihrer Zeit in Präventionsseminaren an Schulen, in Verbänden, bei der Kreishandwerkerschaft und bei Arbeitgebern verbringen. Der andere Teil der Arbeitszeit könnte der klassischen Beratung mit Mandanten gewidmet sein, um sicherzustellen, dass stets der neueste Sachstand in die Präventionsarbeit einfließt.
Das Team der Schuldnerberatung ist telefonisch unter 02561/429120 oder per E-Mail an schuldnerberatung@caritas-ahaus-vreden.de erreichbar.