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Einblicke in den Arbeitsalltag beim Caritasverband Ahaus-Vreden (II):„Die Arbeit wird nie eintönig“

Lesen Sie hier das Interview mit Max Wevers aus Ahaus. Der 27 Jahre alte Sozialarbeiter ist im Integrationslotsenprojekt tätig.
Max Wevers
Datum:
18. Feb. 2025
Von:
Christian Bödding

Max, seit wann bist du beim Caritasverband Ahaus-Vreden beschäftigt?
Max Wevers: Seit Juli 2023.

Gab es vorher schon andere berufliche Stationen?
Ich hatte zuvor schon Praktika absolviert, auch beim Caritasverband Ahaus-Vreden, im Fachdienst Integration und Migration. Während meines Studiums der Sozialen Arbeit in Münster habe ich außerdem auch in der Drogenhilfe und der Drogenberatung gearbeitet. Aber als Sozialarbeiter mit Uni-Abschluss ist das hier meine erste Stelle.

Was hat dich seinerzeit dazu bewogen, dich beim Verband zu bewerben?
Der Bereich Integration und Migration war der ausschlaggebende Grund, warum ich mich überhaupt für ein Studium der Sozialen Arbeit entschieden habe. Dieses Arbeitsfeld hat mich schon immer besonders interessiert. Es ergab sich zum Ende meines Praktikums hier im Verband, dass die Stelle meines damaligen Praxisanleiters frei wurde. Das passte natürlich perfekt. Als ich davon hörte, habe ich mich direkt beworben – glücklicherweise hat es dann auch geklappt.

Würdest du es nochmal tun, also dich hier beim Caritasverband bewerben? 
Das würde ich auf jeden Fall machen. Vor allem, weil wir so ein gutes Team sind. Die Zusammenarbeit ist super. Auch wenn es in unserem Arbeitsbereich zwischendurch mal stressig ist, jeder bekommt Rückhalt und Unterstützung. So kann man den Stress dann auch ganz gut meistern.

Was ist stressig an deiner Arbeit?
Bei den Geflüchteten in Ahaus gibt es einen hohen Hilfebedarf. Oft geht es um sehr dringende Probleme. Es kommt vor, dass der Tag bereits voll durchgeplant ist, aber dann spontan jemand mit einer akuten Situation vor der Tür steht. In solchen Fällen kann man nicht sagen: „Ich gebe dir nächste Woche einen Termin.“ Das bedeutet, dass die Arbeitstage manchmal deutlich länger werden, als ursprünglich gedacht. Da ist es super, dass wir so ein gutes Team sind und gemeinsam Lösungen finden. Dennoch muss man sich auch emotional gut abgrenzen können. Die Arbeit ist manchmal psychisch herausfordernd, zum Beispiel, wenn man Klienten über längere Zeit begleitet und dann miterleben muss, wie sie abgeschoben werden.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag im Integrationslotsenprojekt aus? 
Ein typischer Arbeitstag beginnt im Büro. Unsere Beratungen starten um 9 Uhr, aber ich bin meistens schon eine halbe Stunde früher im Büro, wir haben ja flexible Arbeitszeiten. So habe ich die Möglichkeit, in Ruhe E-Mails zu checken, die Mailbox abzuhören und mich auf den Tag vorzubereiten, bevor die Klienten kommen. Manche brauchen Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen, Unterstützung beim Umgang mit Behörden oder Hilfe bei der Berufssuche. Dann helfen wir bei Bewerbungen, Lebensläufen und ähnlichem. Jeder Tag ist anders, weil die Probleme und Bedürfnisse immer individuell sind. Nachmittags bin ich oft zwei bis drei Stunden zu Sprechstunden in den Unterkünften vor Ort. Dann geht es in den Gesprächen zum Beispiel um soziale Konflikte zwischen den Bewohnern. 

Also nicht nur ein reiner Schreibtischjob?
Die Arbeit ist wirklich sehr vielfältig. Klar, ich sitze auch mal ein paar Stunden am Schreibtisch, wenn ich an einem Projekt oder Workshop arbeite oder einen Verwendungsnachweis für den Kostenträger schreibe. Aber das ist eher die Ausnahme.

Was schätzt du an deiner Arbeit besonders? 
Die Vielfältigkeit und Abwechslung. Ich lerne jede Woche neue Menschen kennen, die aus den unterschiedlichsten Ländern kommen und ganz unterschiedliche Lebensgeschichten und Problemlagen mitbringen. Die Arbeit wird nie eintönig. Außerdem lerne ich ständig dazu. Ich bin ja auch noch ein relativ junger Sozialarbeiter. 

Welche Aufgaben bereiten dir am meisten Freude? 
Wenn ich mir die Zeit nehmen kann, um mit einem Klienten länger ins Gespräch zu kommen – auch mal für eine halbe oder dreiviertel Stunde. Ich sag mal ganz salopp: Wenn wir quatschen können. Oft beginnt das mit einem konkreten Anliegen oder Problem, aber im Laufe des Gesprächs entwickeln sich Themen wie: Was möchtest du in Deutschland erreichen? Wie stellst du dir deine Zukunft vor? Wenn die Menschen dann von ihrer Vergangenheit, von ihrem Lebensweg und ihren Träumen erzählen, das finde ich spannend. Man lernt die Person quasi neu kennen. Das macht meine Arbeit erfüllend.

Welche drei Wörter beschreiben deine Arbeit beim Caritasverband Ahaus-Vreden am besten?
Abwechslungsreich. Herausfordernd. Jetzt habe ich mich so auf Adjektive versteift – ich würde noch einen Oberbegriff nennen: Empathie. Das ist zentral bei uns.

Was macht die Caritas als Arbeitgeber für dich besonders? 
Eine gewisse Unabhängigkeit. Natürlich gibt es Vorgaben und Regeln, innerhalb derer wir uns bewegen. Aber im Vergleich zu anderen Arbeitgebern, die ich aus dem Freundeskreis kenne, können wir schon weitestgehend frei, autonom und kreativ arbeiten. Das schätze ich. Es ist mir bewusst, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Auch die flexiblen Arbeitszeiten sind ein Vorteil. Es kommt vor, dass man Überstunden aufbaut, aber diese kann ich in Absprache mit meinen Kolleginnen und Kollegen gut ausgleichen. Ich arbeite montags bis donnerstags gerne etwas länger und mache freitags früher Feierabend, sodass ich ein längeres Wochenende habe. Solche Möglichkeiten gibt es nicht in jedem Beruf und auch nicht bei jedem Arbeitgeber.

Die Caritas wird ja mitunter als altbacken und verstaubt wahrgenommen. Wie waren die Reaktionen in deinem Umfeld, als du gesagt hast: „Ich gehe zur Caritas.“? 
Meine Eltern sind Sozialpädagogen, da ist die Caritas schon ein Begriff. Sie wissen auch, dass die Caritas im Vergleich zu anderen ein guter Träger ist. Deswegen gab es in meinem familiären Umfeld keine negativen Reaktionen. In meinem Freundeskreis gibt es weniger Berührungspunkte mit dem Caritasverband. Den kannten sie vielleicht als Träger von Altenheimen, in denen ihre Großmütter wohnen. Da musste ich dann erstmal erklären, was der Caritasverband alles macht und wie vielseitig er ist. Als altbacken oder verstaubt wird die Caritas in meinem Umfeld aber nicht wahrgenommen.

Wie erlebst du die Zusammenarbeit mit deinen Kolleginnen und Kollegen? 
Als sehr gut. Ich habe es ja schon angesprochen, das ist in unserem Bereich unabdingbar, sonst funktioniert das nicht. Auch wenn die Arbeit manchmal stressig ist, haben wir auch viel Spaß zusammen. Wir teilen einen ähnlichen Humor, der auch mal in Richtung Galgenhumor geht, gerade wenn die Situationen schwierig sind. Das hilft uns, den Stress direkt gemeinsam zu verarbeiten. Ein paar Witze machen, zusammen lachen – das erleichtert vieles und sorgt dafür, dass man nach Feierabend besser abschalten kann.

Welche Rolle spielen Team-Events für den Zusammenhalt? Gibt es solche Treffen bei euch, bei denen Ihr gemeinsam etwas unternehmt?
Vor etwa zwei Monaten haben wir im Team darüber gesprochen, dass es eigentlich schade ist, wie selten wir solche Treffen machen, und dass wir das wieder öfter einplanen sollten. Kürzlich waren wir vom Integrationslotsenprojekt mit einem kleinen Team hier in Ahaus in einem neuen Café. Es war total schön, weil wir uns auch mal über andere Dinge unterhalten konnten, die nichts mit der Arbeit zu tun haben. 

Nutzt du Benefits vom Caritasverband wie ein Jobrad oder Gesundheitskurse?
Ehrlich gesagt, nutze ich diese Angebote bisher nicht. Ich fahre mit meinem privaten Fahrrad zur Arbeit und bei einem Arbeitsweg von nur etwa einem Kilometer ist ein Jobrad für mich nicht notwendig. Die Angebote für Gesundheitskurse erhalten wir regelmäßig per Post. Ich denke immer wieder, dass ich sie mal ausprobieren sollte, habe es aber bisher noch nicht in Angriff genommen. 

Gibt es Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten für dich? 
Das habe ich mir für dieses Jahr ganz konkret vorgenommen: mehr Fort- und Weiterbildungen zu machen, weil ich glaube, dass das für die Qualität der Arbeit total wichtig ist. Ich hatte aber beim Berufseinstieg das Gefühl, nach dem Uni-Abschluss erst mal in der Praxis ankommen zu wollen, ohne direkt wieder in einen Lernprozess zu gehen.

Wie sehen die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten bei der Caritas für dich aus?
Ich komme ja direkt aus der Uni und habe bereits nebenberuflich gearbeitet. Für mich ist jetzt vor allem wichtig, mein theoretisches Wissen in der Praxis anzuwenden. Also, es gibt schon Entwicklungsmöglichkeiten. Aber ich habe momentan noch nicht die Ambition, in eine schnelle Karriere zu starten. Für mich geht es zunächst darum, mich gut im Berufsleben zurechtzufinden. Langfristig könnte ich mir aber durchaus vorstellen, eine Position wie Fachdienstleitung oder Teamleitung zu übernehmen. Aktuell sind sicherlich noch andere mit mehr Berufserfahrung dran, aber langfristig sehe ich da auf jeden Fall Potenzial für mich.

Wie empfindest du die Gehaltsstufenregelung und das AVR-Tarifwerk insgesamt?
Das empfinde ich als gut. Meine Freundin ist ebenfalls Sozialarbeiterin. Wir haben gleichzeitig das Studium abgeschlossen, aber sie arbeitet in Münster bei einem kleineren Träger. Sie bekommt deutlich weniger Geld als ich, obwohl sie fast die gleiche Berufserfahrung hat. Im Vergleich zu anderen sozialen Trägern, auch hier in der Region, wird man beim Caritasverband schon gut bezahlt.

Was wünschst du dir für die Zukunft deiner Arbeit beim Caritasverband? 
Also erstmal, dass unser Team konstant so bleibt. Natürlich dreht sich das Personalkarussell hin und wieder, das lässt sich nicht vermeiden. Aber es wäre schön, wenn wir auch künftig gut neue Kolleginnen und Kollegen finden, die das Team genauso gut bereichern, wenn jemand geht. Im Bereich Integration und Migration ist unsere Arbeit natürlich auch stark von der politischen Lage abhängig. Der Kostenträger ist die Stadt Ahaus, aber viele Projekte werden auch vom Land oder Bund finanziert. Dann schaut man natürlich immer auf die politischen Wahlen und wie sich die Finanzierungslage entwickelt. Es wäre wichtig, dass unsere Arbeit auch in Zukunft finanziert bleibt und weitergehen kann.