Langjährige ABW-Leiterin Martina Kemper in den Ruhestand verabschiedet:„Eine leise Wehmut bleibt“


In einer Feierstunde im Von-Galen-Haus würdigten Kolleginnen und Kollegen Martina Kempers langjährigen Einsatz. Caritas-Vorstand Peter Schwack erinnerte an ihre Anfänge 2012 in der ABW-Leitung. Sie sei schon damals ruhig und souverän aufgetreten, mit einer hohen Belastbarkeit und großem Problembewusstsein. „Du hast dich in die Menge gestürzt und geregelt und auch in Krisen vieles alleine hinbekommen.“ Als Wunsch gab er ihr drei Dinge mit auf den Weg: „Glück, Zufriedenheit und Gesundheit. Dass du das Leben genießen kannst, auch ohne Caritas.“
Thomas Berning, Bereichsleiter Eingliederungshilfe, sprach von einem „schmerzhaften Verlust“ für das Team und hob die stets angenehme Zusammenarbeit hervor. Er stellte in der Feierstunde auch Kempers Nachfolgerin als ABW-Leitung vor: Karla Gesing. Das ABW-Team verabschiedete sich mit einem persönlichen Geschenk – einer Holzbank, versehen mit Schnappschüssen, Erinnerungen aus dem Alltag mit Klienten.
Existenzielle Themen
Als Martina Kemper das ABW übernahm – zuvor hatte sie die Offene Ganztagsschule in Heek geleitet – betreute das Team 16 Klienten. Heute sind es 45. „Der Bereich ist enorm gewachsen, und mit ihm auch die Herausforderungen", erzählt sie im Gespräch. Die Aufgaben waren – und sind – vielseitig: Personalführung, Einsatzplanung, Netzwerkarbeit, Klientenbetreuung, Zusammenarbeit mit gesetzlichen Vertretern und Behörden. Oft ging es um existenzielle Themen – Wohnungsverlust, finanzielle Notlagen, gesundheitliche Krisen. Doch auch alltägliche Dinge wie das Begleiten zum Einkaufen spielen eine große Rolle. „Viele unserer Klienten haben Schwierigkeiten, ihren Alltag zu organisieren. Sie kaufen zum Beispiel zehn Flaschen Fanta, anstatt eine, oder legen an der Kasse die Geldbörse hin, weil sie das Geld nicht richtig abzählen können. Da helfen wir, Schritt für Schritt mehr Selbstständigkeit zu erlangen.“
Das Ambulant Betreute Wohnen ist für viele eine Brücke zur Eigenständigkeit. Früher lebten Menschen mit Behinderungen fast ausschließlich in stationären Einrichtungen oder bei ihren Familien. Heute gibt es das Angebot, mit Unterstützung in der eigenen Wohnung zu leben. „Viele schaffen das gut, aber es gibt auch Grenzerfahrungen. Manche verkümmern in ihrer Isolation, sind vielleicht nicht fit genug oder nehmen nicht genug am gesellschaftlichen Leben teil. Gemeinsam suchen wir dann nach einer Lösung.“ Allerdings müssen Grundvoraussetzungen für das Ambulant Betreute Wohnen erfüllt sein, erklärt Martina Kemper. „Zum Beispiel selbstständig aufstehen, eine Tagesstruktur wahrnehmen, sich selbst Frühstück machen, zur Arbeit gehen. Wenn jemand das so gar nicht hinbekommt, dann schafft er das im ABW auch nicht. Auch nicht mit Begleitung.“
In den 13 Jahren ihrer Tätigkeit als ABW-Leitung gab es für Martina Kemper auch so manche Herausforderung zu bewältigen. Mal ging es um Klienten, denen Wohnungsverlust drohte, mal ging es um überaus fordernde Angehörige. Sie bewahrte stets Ruhe. „Ich wirke auf andere immer sehr gelassen und ruhig. Das hilft in heiklen Situationen enorm. Aber natürlich gibt es auch Momente der inneren Aufregung.“
Respektvoller Umgang
Besonders wichtig war ihr stets ein respektvoller Umgang – mit den Klienten, aber auch mit ihrem Team. „Unsere Bezugsbetreuer leisten einen großartigen Job. Sie begleiten die Klienten oft über Jahre, hören zu, geben Halt. Mir war immer wichtig, ihnen Wertschätzung entgegenzubringen und sie in schwierigen Momenten zu unterstützen. Denn manchmal wird es unangenehm, dann braucht es Rückhalt und eine gemeinsame Reflexion.“
Was würde sie ihrem jüngeren Ich raten, wenn sie heute noch einmal anfangen würde? „Vielleicht mehr institutionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Ich habe oft vieles selbst geregelt, anstatt mir Unterstützung zu holen. Das würde ich heute anders machen.“ Nun wartet ein neuer Lebensabschnitt auf die 62-jährige Heekerin. Ihr Mann Martin ist seit einem Jahr in Rente, ihre Enkel halten sie auf Trab. „Ich lasse es auf mich zukommen. Ich freue mich darauf, Verantwortung abzugeben und einfach mal zu schauen, was kommt.“ Die ABW-Leitung weiß sie bei ihrer Nachfolgerin Karla Gesing in guten Händen, das 15-köpfige Team ebenso.