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Arbeitsgemeinschaft „Integration durch Arbeit“ der Caritas für das Bistum Münster diskutiert mit Politikern:Kürzungen im Bundeshaushalt bedrohen Integrations-Angebote für Arbeitslose

Die Diözesan-Arbeitsgemeinschaft „Integration durch Arbeit“ (DIAG IdA) der Caritas für das Bistum Münster hat sich in einer Zeit schwerwiegender Veränderungen für die Angebote der Eingliederung von auf dem Arbeitsmarkt benachteiligten Zielgruppen in den Arbeitsmarkt getroffen.
Hans-Peter Merzbach (M.), Vorstand des Caritasverbandes Ahaus-Vreden und zugleich Sprecher der DIAG IdA, erläuterte die Bedeutung der Arbeitsmarktintegration. Links Diözesan-Caritasdirektor Dominique Hopfenzitz, rechts der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Stefan Nacke.
Datum:
29. Jan. 2025
Von:
CAV

Vertreter aus Ortsverbänden, Einrichtungen und Hilfen des Wohlfahrtsverbandes diskutierten im Caritas Jugend-Ausbildungs-Zentrum (JAZ) in Münster über die Auswirkung massiver finanzieller Kürzungen auf ihre Angebote mit Politikern von CDU, SPD und den Grünen. Dabei wurde schnell deutlich, wie prekär die Lage für viele Einrichtungen ist, in denen Menschen auf ihren Wegen in ein geregeltes Arbeitsverhältnis begleitet werden. Hans-Peter Merzbach, Vorstand des Caritasverbandes Ahaus-Vreden und zugleich Sprecher der DIAG IdA, betonte die vielschichtige Bedeutung der Arbeitsmarktintegration: „Für die Teilnehmenden von Maßnahmen und Mitarbeitende bedeutet die Integration in Arbeit Selbstwertgefühl, Alltagsstruktur, soziale Kontakte, Sprachschule, gesellschaftliche Teilhabe und vieles mehr.“ Er warnte davor, diese Maßnahmen lediglich als reine Qualifizierungs- oder gar Disziplinierungsmaßnahmen zu betrachten. „Es geht vielmehr darum zu schauen, welche Motivation, Unterstützung und Perspektive sie in ihrer Arbeit finden können, um ihren Lebensweg selbstständig gestalten zu können.“ Dieser Grundsatz der Caritas-Arbeit werde jedoch viel zu selten wahrgenommen. Hans-Peter Merzbach: „Er ist aber ein Signal an alle Menschen, die für Sozialpolitik verantwortlich sind.“

Michael Halberstadt, Fachbereichsleiter Arbeitsmarktintegration der Caritas Ostvest, schilderte eindrücklich die prekäre Lage: Aufgrund der Kürzungen könne er in seiner Einrichtung viele Arbeitsverträge nicht verlängern. „Für diese Menschen bricht derzeit eine Welt zusammen.“ Betroffen seien Menschen, die aufgrund von Krankheiten, Sprachproblemen, Suchterkrankungen, Behinderungen oder persönlichen Schicksalsschlägen auf dem ersten Arbeitsmarkt keinen Platz finden. „Unsere begleitenden Angebote helfen ihnen dabei, ihrem Leben Struktur zu geben, sich zu qualifizieren und Perspektiven für weitere Schritte zu entwickeln.“

Wegbrechende Finanzierung

Die derzeit wegbrechende Finanzierung durch Kürzungen im Bundeshaushalt stellt die vielseitige Ausrichtung in Frage. Geld für das Ziel, bürgergeldbeziehende Langzeitarbeitslose mittelfristig in den Arbeitsmarkt zu integrieren, steht nicht mehr zur Verfügung. Die Frage an die Politik formulierten die Caritas-Vertreter deutlich: Wie sollen wir unter diesen Voraussetzungen unserer Aufgabe für diese uns anvertrauten Menschen erfüllen?

„Ich bin vom Instrument der Eingliederungshilfe überzeugt“, betonte der Bundestagsabgeordnete der münsterschen CDU, Dr. Stefan Nacke. Er sprach sich für „verlässliche Summen“ aus, um die Integration in Arbeit und somit auch in die Gesellschaft dauerhaft und zuverlässig zu ermöglichen: „Das hat für mich Priorität – dafür müssen gegebenenfalls auch neue Finanzierungs-Strukturen geschaffen werden.“

Thomas Kollmann, SPD-Rats-Mitglied in Münster, kritisierte die Kürzungen der Bundesmittel. „Der soziale Arbeitsmarkt ist enorm wichtig – die Lobby für die Betroffenen ist aber leider nicht sehr groß.“ Sylvia Rietenberg (Grüne) sprach das Problem der Wirksamkeits-Analyse an, die eingefordert werde. „Wenn es wenig Mittel gibt, müssen wir auch darauf schauen, wo und wie sie eingesetzt werden.“ Mit den Diskussions-Teilnehmenden war sie sich einig, dass der Erfolg der Maßnahmen aber nicht in der Vermittlungs-Quote auf den ersten Arbeitsmarkt gemessen werden kann. „Es müssen auch die in den Blick genommen werden, die diesen nie erreichen können.“

Die DIAG IdA machte den Politikern deutlich, welche Auswirkungen die massiven Einsparungen haben. 

  • Dramatische Mittelkürzungen der Haushaltsmittel des Bundes: Diese betreffen insbesondere die Beschäftigungsförderung.
  • Nicht ausreichende Finanzierung der Regelinstrumente: Wesentliche Komponenten wie Werkstattinfrastruktur, Anleitung und Betriebsinfrastruktur werden nicht mehr adäquat finanziert.
  • Schrumpfende Eingliederungstitel bei gleichzeitigen Steigerungen der Verwaltungshaushalte: Dadurch fehlt es an Ressourcen für die effektive Durchführung der Maßnahmen.
  • Streichung von Arbeitsgelegenheiten (AGH): Diese Maßnahmen, die vielen Menschen Struktur und Perspektive boten, wurden massiv gekürzt.
  • Schleichendes Ausbluten von Angeboten nach § 16i SGB II: Langfristige Programme zur Integration in den Arbeitsmarkt werden zunehmend eingestellt.
  • Zusätzlich zu den direkten Einschnitten kommt es zu indirekten Auswirkungen. So können aufgrund mangelnder finanzieller Mittel viele Projekte nicht mehr voll ausgeschöpft werden. 

Die aktuelle politische Diskussion, in der gefordert werde, dass Bürgergeldempfänger und Geflüchtete eine Gegenleistung für staatliche Leistungen erbringen sollen, greife wichtige Aspekte nicht auf, erläuterten die DIAG-Mitglieder. „Diese Debatte erinnert an ähnliche Diskussionen aus den 1980er Jahren über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Arbeitsgelegenheiten“, erklärte DIAG-Sprecher Hans-Peter Merzbach.

Auf wichtige Fragen gebe es von Seiten der Politik keine Antworten: Welche Arbeitsfelder sind tatsächlich sinnvoll und umsetzbar? Sind die Kosten für fachpraktische und sozialpädagogische Begleitung gedeckt? Wer soll die Anleitung und Begleitung dieser Arbeitsmaßnahmen übernehmen? Wie werden Elemente der Qualifizierung und Befähigung geregelt? Wie wird die Integration in den ersten Arbeitsmarkt gewährleistet?

Um die Arbeitsmarktintegration in Deutschland nachhaltig zu sichern, hat die Caritas klare Forderungen formuliert:

  • Finanzierung der Arbeitsmarktpolitik sicherstellen: Es müssen ausreichend Mittel für die Jobcenter bereitgestellt werden.
  • Eingliederungstitel sollten getrennt von Verwaltungstiteln ausreichend finanziert werden.
  • Bedarfsgerechte Beschäftigungsangebote sichern: Langzeitarbeitslosen müssen sozialpädagogische Begleitung und Qualifizierung ermöglicht werden.
  • Übergangssysteme verbessern: Öffentlich geförderte Ausbildungsplätze sollten geschaffen und ein Rechtsanspruch auf Ausbildungsplätze eingeführt werden.
  • Soziale Betriebe stärken: Gemeinnützige soziale Betriebe sollten gesetzlich im SGB II verankert werden.
  • Potenziale nutzen: Der Zugang zum Arbeitsmarkt sollte gezielt für Geflüchtete und Frauen erleichtert werden.
  • Prekäre Arbeit verhindern: Beratungsstellen sollten ausgebaut und Arbeitsrechte gestärkt werden.

Die Caritas im Bistum Münster unterstreicht zur Zukunft der Arbeitsförderung: „Caritas kann!“ Doch schlechte Rahmenbedingungen und fehlende finanzielle Mittel verhindern zunehmend die wirksame Unterstützung. Deshalb fordert die Caritas von der neuen Bundesregierung, die Voraussetzungen zu schaffen, um ihre Kompetenzen in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik wieder vollumfänglich einzubringen.