Formularhilfe: Wie Bozena Reimann Menschen durch den Antragsdschungel begleitet :Wenn Bürokratie zur Hürde wird
Diese Erfahrungen haben sie nachhaltig geprägt – und dazu motiviert, anderen zu helfen, die mit der deutschen Bürokratie kämpfen. Seit mehr als einem Jahrzehnt unterstützt sie Woche für Woche zahlreiche Gronauer beim Ausfüllen von Anträgen und Formularen. Die Formularhilfe im St.-Elisabeth-Haus an der Laubstiege ist ein Angebot, das für viele unverzichtbar ist.
Von Behörde zu Behörde
Warum sich Bozema Reimann schon so lange in der Formularhilfe engagiert? Sie erzählt von ihren eigenen Anfängen in Deutschland. „Ich bin von Behörde zu Behörde gegangen. Einmal haben wir Wohngeld beantragt, als wir unser Haus bauten. Ich musste einen riesigen Stapel Formulare ausfüllen – und am Ende haben wir neun D-Mark pro Monat bekommen, zwölf Monate lang. Danach habe ich nie wieder Wohngeld beantragt. Ich kann gut nachvollziehen, wie sich Menschen fühlen, die nach Deutschland kommen und sich in bürokratischen Angelegenheiten nicht auskennen."
Seit 2013 gibt es in Gronau die Formularhilfe. Die Zahl der Ratsuchenden steigt kontinuierlich. Immer mehr Menschen benötigen Unterstützung beim Ausfüllen von Kindergeld-, Elterngeld-, Wohngeld- oder Grundsicherungsanträgen. Darunter sind auch viele Deutsche, die an der überbordenden Bürokratie und der Formularflut verzweifeln. Silke Uelsmann von der Gemeindecaritas erläutert: "Es geht nicht nur darum, Formulare auszufüllen – oft müssen Sachverhalte geklärt, die richtigen Unterlagen zusammengestellt und komplexe gesetzliche Vorgaben verständlich gemacht werden."
Die Bedeutung der Arbeit von Bozena Reimann zeigt sich auch in den Zahlen. Im Jahr 2024 wurden insgesamt 245 Anträge bearbeitet, die 375 Personen betrafen. Darunter waren 55 Kinder, für die Kindergeld beantragt wurde, 49 Elterngeldanträge, 100 Wohngeldanträge und 31 Anträge für das Jobcenter. Bozena Reimann: „Es dauert oft lange, einen Antrag zu bearbeiten. Ein Antrag für zwei Erwachsene mit mehreren Kindern bedeutet, dass jede Person einzeln eingetragen werden muss." Ihre Arbeit geht dabei weit über das bloße Ausfüllen von Formularen hinaus. „Wenn jemand einen Elterngeldantrag stellt, dann muss ich oft erst erklären, welche Gehaltsabrechnungen eingereicht werden müssen. Viele wissen das nicht und schicken unvollständige Unterlagen ein. Dann dauert es sechs Wochen, bis ein Nachforderungsbrief kommt – das führt zu Verzögerungen und längeren Wartezeiten auf dringend benötigtes Geld."
Zwei Mal pro Woche, montags und mittwochs jeweils drei Stunden, steht die 64-Jährige hilfesuchenden Menschen zur Verfügung. Die Nachfrage ist so hoch, dass mittlerweile sogar das Jobcenter Menschen zur Formularhilfe schickt, weil es selbst nicht die Kapazitäten hat. „Sogar Menschen aus Ahaus kommen zu uns, aber da müssen wir leider sagen: Das ist nicht unser Zuständigkeitsbereich."
Finanzierung
Bisher wurde die Gronauer Formularhilfe durch städtische Fördermittel finanziert. „Letztes Jahr haben wir 11.000 Euro bekommen und konnten damit zwei Stellen besetzen", erklärt Silke Uelsmann. Der Caritasverband Ahaus-Vreden trägt die Kosten für die Räumlichkeiten, Kopierkosten und andere Nebenkosten, aber die Finanzierung der Stelle ist (noch) ungewiss. „2024 mussten wir die ersten vier Monate aus eigenen Mitteln überbrücken, weil die Förderung erst im Mai kam. Am Ende durften wir die fehlenden Monate nicht ins nächste Jahr übertragen und mussten 4.000 Euro zahlen."
Aktuell liegt ein erneuter Antrag auf Förderung bei der Stadt Gronau vor, doch eine endgültige Entscheidung steht noch aus. Der Sozialausschuss votierte jüngst dafür, weiterhin 8000 Euro in den Haushalt einzustellen. Das letzte Wort hat der Rat der Stadt bei seiner Haushaltsverabschiedung, die Ende Februar erfolgen soll. Bozena Reimann hofft, dass ihre Arbeit weitergehen kann: "Wenn diese Hilfe wegfällt, verlieren viele Menschen die Möglichkeit, ihre Rechte wahrzunehmen – und das darf nicht passieren."